Recht & Urteil

Gebäudeschäden und Rückstausicherungen

Bei den sich seit geraumer Zeit häufenden Starkregenereignissen kommt es zwangsläufig immer wieder zu einem Rückstau in der Kanalisation, da die Rohrleitungen die anfallenden Wassermassen nicht schnell genug abtransportieren können. In einer derartigen Situation ist es für den jeweiligen Gebäudeeigentümer hilfreich, wenn seine Immobilie mit einer Rückstausicherung ausgerüstet ist. Problematisch wird es allerdings dann, wenn diese nicht ordnungsgemäß funktioniert und der Versicherer aufgrund dessen die Regulierung kürzt oder verweigert, wie in einem kürzlich von dem Frankfurter Oberlandesgericht entschiedenen Rechtsstreit (OLG Frankfurt, Urteil vom 13. Mai 2022, Az.: 7 U 71/21).

Der Kläger hatte eine Wohngebäudeversicherung bei der Beklagten abgeschlossen, über welche auch Elementargefahren wie z.B. Überschwemmung und Rückstau mitversichert waren. Gemäß den Besonderen Obliegenheiten des Vertrages (Zusatzbedingung GB 3307) war der Versicherungsnehmer verpflichtet, zur Vermeidung von Überschwemmungs- oder Rückstauschäden in rückstaugefährdeten Räumlichkeiten Rückstausicherungen anzubringen und funktionstüchtig zu erhalten.

Im März 2019 bemerkte der Kläger im Keller seines Hauses Feuchtigkeit durch aufsteigendes Wasser aus den Abflüssen. Wie sich herausstellte, war die Ursache der Ausfall der Hebepumpe, welche in einem Drainageschacht das Wasser nach außen in den Straßenkanal pumpen sollte.

Nachdem der Kläger diesen Schaden seiner Versicherung gemeldet hatte, nahm diese an den eingereichten Rechnungen eine Kürzung von 50 % vor und begründete dies damit, dass der Kläger in einem Ortstermin mit dem von der Versicherung beauftragten Sachverständigen geäußert haben solle, dass die vorhandene Rückstausicherung seit Errichtung des Hauses im Jahre 2008 weder geprüft noch gewartet worden sei. Der Kläger hielt dem entgegen, dass die Überprüfung zwar nicht durch eine Fachfirma aber durch ihn in regelmäßigen Abständen erfolgt sei. Der ihn betreuende Agent der Beklagten habe ihm sowohl vor als auch nach dem Schadenfall bestätigt, dass dies vollkommen ausreichend sei.

Liegt eine Obliegenheitsverletzung vor?

Im Rechtsstreit trug die Beklagte vor, dass sie allenfalls in Höhe von 50% habe regulieren müssen, da der Kläger seine Obliegenheit, die Rückstausicherung in funktionsfähigem Zustand zu erhalten, grob fahrlässig verletzt habe, da die Wartung jedenfalls zweimal jährlich durch eine Fachfirma hätte erfolgen müssen. Im Übrigen sei sie aufgrund der versuchten arglistigen Täuschung durch den Kläger, der durch Falschangaben versucht habe, Einfluss auf ihre Regulierung zu nehmen, ohnehin leistungsfrei aufgrund Verwirkung des Anspruches.

 

Das erstinstanzlich angerufene Landgericht wies die Klage ab mit der Begründung, die Beklagte sei aufgrund der Obliegenheitsverletzung des Klägers zur Leistungskürzung berechtigt.  Dagegen wandte sich der Kläger mit seiner Berufung vor dem Oberlandesgericht, welches das erstinstanzliche Urteil aufhob und seiner Klage überwiegend stattgab.

Der Senat vertrat die Auffassung, die Beklagte sei zur Leistungskürzung nicht berechtigt gewesen, da eine Wartungsobliegenheit des Versicherungsnehmers nicht wirksam vereinbart worden sei. Gemäß dem Wortlaut der im Versicherungsvertrag vereinbarten Klausel GB 3307 sei der Kläger u.a. verpflichtet gewesen, Rückstausicherungen anzubringen und diese funktionsbereit zu halten. Der Verpflichtung zum Einbau entsprechender Sicherungen sei der Kläger unstreitig nachgekommen. Unklar sei zwar, ob und ggf. in welchem Umfang diese Einrichtungen gewartet worden seien, jedoch könne dies dahingestellt bleiben, da die Obliegenheit, die Rückstaueinrichtungen „funktionsbereit“ zu halten, jedenfalls nicht wirksam vereinbart worden sei (OLG a.a.O., Rn 22).

Wie wurde entschieden?

Diesen Schluss zog der Senat aus dem Verstoß gegen das gesetzliche Leitbild des § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Wegen der Sanktionen, die mit einer Obliegenheitsverletzung einher gehen, müsse „das auferlegte Tun oder Unterlassen ausdrücklich vereinbart sein, klar und eindeutig erkennen lassen, was im Einzelnen verlangt wird“ (OLG a.a.O. Rn 23 m.w.N.). Da im vorliegenden Fall weder eine Wartungs- noch eine Instandsetzungsobliegenheit in der Klausel 3307 konkret benannt noch auf bestimmte Wartungsintervalle verwiesen worden sei, bleibe im Ungewissen, welche Verhaltensweisen dem Versicherungsnehmer zur Aufrechterhaltung des Versicherungsschutzes nun eigentlich abverlangt würden, so dass eine Obliegenheitsverletzung des Klägers insoweit ausscheide.

Daraus schloss der Senat, dass sich die Beklagte mangels wirksamer Vereinbarung der Wartungsobliegenheit auch nicht auf den Verwirkungsgrund der arglistigen Täuschung durch Falschangaben zur Wartung berufen könne, so dass der Klage ganz überwiegend stattzugeben sei.

Aus Versicherungsnehmersicht erfreulich ist die restriktive Auslegung des Senates zur Obliegenheitsvereinbarung, welche den Versicherern etwas mehr Mühe bei der Ausgestaltung derartiger Klausel abverlangen wird. Ungeachtet dessen zeigt der Fall aber auch exemplarisch auf, wie wichtig doch die regelmäßige Wartung und Instandhaltung der Immobilien nebst der Dokumentation dieses Prozesses ist, um in einem Schadenfall vor unliebsamen Überraschungen in Gestalt von Leistungskürzungen, Regulierungsablehnungen etc. der Versicherer geschützt zu sein.