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Jahresrückblick: Das Versicherungsjahr 2023

Das vergangene Jahr war geprägt von Kriegen, Inflation, Rezession, Folgen des Klimawandels und einem gewaltigen Loch im deutschen Staatshaushalt. Im Umgang mit dieser Polykrise zeigte sich die Branche weiterhin stabil. Allerdings besteht, angesichts von hohen technischen Verlusten in der KFZ- und in der Wohngebäudeversicherung sowie eines sich fortsetzenden Einbruchs der Einmalbeiträge in der Lebensversicherung, kein Grund zur Freude.

Allgemeine Marktsituation

Die wirtschaftlichen Metathemen Inflation und Anstieg der Zinsen dominierten im vergangenen Jahr das Geschäft der Versicherer auf breiter Front. In der Kompositversicherung (Schaden-/Unfallsparten) sorgte die starke Schadeninflation vor allem in der KFZ-Versicherung für erhöhten Sanierungsdruck. Weil die Prämien zur Erneuerung 2023 nicht ausreichend angehoben worden waren, um mit den galoppierenden Reparaturkosten Schritt zu halten, legte der Schadenaufwand mit 12,7 % deutlich stärker zu als die Beitragsentwicklung. Mit einer Schaden-Kostenquote von 110 % wird in dieser beitragsstärksten Sparte für 2023 ein versicherungstechnischer Verlust von 2,9 Mrd. Euro erwartet.

In der Wohngebäudeversicherung betrug die Prämienanpassung im Jahr 2023 aufgrund gestiegener Baukosten 14,7 %. Für 2024 wird bei abgeschwächter Baupreisdynamik ein Anpassungsfaktor von 7,5 % erwartet. Die Veränderung des Anpassungsfaktors beeinflusst die Prämienhöhe in der Wohngebäudeversicherung, um sicherzustellen, dass die Versicherungssumme die tatsächlichen Neuwertkosten für Reparaturen oder die Wiedererrichtung eines Gebäudes abdeckt.

Das Einmalbeitragsgeschäft in der Lebensversicherung brach weiter ein, weil die Lebensversicherer gegenüber den Zinsprodukten der Banken in diesem Bereich kaum noch konkurrenzfähig sind. Da viele Papiere aufgrund der Zinswende mit hohen stillen Lasten im Bestand gefangen sind, fiel es den Gesellschaften zudem schwer, ihr Portfolio rasch in höher verzinste Anlagen umzuschichten. Gleichwohl machte sich der Zinsanstieg in einer branchenweiten Erhöhung der Überschussdeklaration in der Lebensversicherung bemerkbar.

Künstliche Intelligenz in der Versicherungswirtschaft

Eine für die Versicherungswirtschaft bedeutsame Regulierung wurde auf den Weg gebracht: Am 09. Dezember 2023 erzielte das EU-Parlament mit dem EU-Rat eine vorläufige Einigung über das weltweit erste Gesetz zum Einsatz künstlicher Intelligenz (KI), das zwischenzeitlich am 13. März 2024 vom EU-Parlament verabschiedet wurde.

Die Versicherer haben sich zur Kalkulation der übernommenen Risiken schon seit jeher einer großen Anzahl von Daten und Algorithmen bedient, so dass KI in der Versicherungswirtschaft enormes Potenzial besitzt. Die Einsatzgebiete betreffen z.B. die Risikobewertung und Risikozeichnung, Automatisierung von Schadenprüfungen, Schadenvorhersagen und Datenmanagement oder auch die verbesserte Interaktion mit den Kunden.

Kommt das Generationenkapital?

Eigentlich sollten 2023 wesentliche sozialpolitische Weichenstellungen für die Zukunft der Altersvorsorge gestellt werden. Die Chance, der geplanten Einführung eines steuerfinanzierten „Generationenkapitals“ (Aktien Rente) unter dem Dach der gesetzlichen Rente, wurde allerdings verpasst. Hier ist geplant, nach dem Vorbild anderer Länder mit Staatsfondslösungen einen zusätzlichen Kapitalstock aufzubauen.

Ungeachtet der vielen drängenden aktuellen Probleme in etlichen Politikbereichen wäre bei den dringend nötigen Reformen der Renten- und Pflegeversicherung allerdings der Faktor Zeit entscheidend, wenn man mit mehr Kapitaldeckung die demographischen Probleme der gesetzlichen Sicherungssysteme entschärfen und das bestehende Umlagesystem am Leben halten will.

Elementargefahren – Wird die Versicherung zur Pflicht?

Die Pläne zur Einführung einer Elementarpflichtversicherung kamen ebenfalls nicht voran – auch weil Teile der Bundesregierung den Wünschen der Bundesländer nach einer Pflichtlösung skeptisch gegenüberstehen. Das vom Gesamtverband der deutschen Versicherer e.V. (GDV) in diesem Zusammenhang vorgelegte „Opt-out“-Konzept hat nunmehr gute Aussicht auf Umsetzung, um für die dringend notwendige höhere Versicherungsdichte zu sorgen. Dieses Konzept sieht die obligatorische Mitversicherung der Elementarrisiken im Rahmen der Wohngebäudeversicherung vor, in Verbindung mit einer Abwahloption durch den Kunden.

Im Zusammenhang mit diesem Angebot hält die Versicherungswirtschaft allerdings drei Maßnahmen für notwendig: Keine neuen Gebäude in ausgewiesenen Gefahrengebieten, die Verankerung von Prävention und Klimafolgenanpassung in den Landesbauordnungen sowie die klare Benennung der Gefahrenlage durch das geplante bundesweite Naturgefahrenportal der öffentlichen Hand.

Naturgefahrenbilanz 2023

Auf der Schadenseite war das Versicherungsjahr 2023 geprägt durch außergewöhnlich viele kleine bis mittelgroße Naturkatastrophenschäden, die niedrige einstellige Milliarden Beträge kosteten. Teuerstes Ereignis war das Erdbeben in der Türkei und in Syrien im Februar, das 60.000 Menschenleben forderte und Sachwerte von mehr als 100 Mrd. US-Dollar zerstörte; davon waren 6 Milliarden US-Dollar versichert. Die nordatlantische Hurrikan Saison brachte unterdurchschnittliche Schäden; stark stiegen dagegen die Schäden aus schweren Gewittern, die mit weltweit rund 60 Milliarden US-Dollar so hoch lagen wie nie zuvor.

Wir hoffen, dass das Jahr 2024 ohne größere Naturkatastrophen verläuft und dass sich die allgemeine Weltlage verbessert. Wir danken Ihnen für Ihr Vertrauen und freuen uns darauf, Sie auch im kommenden Jahr begleiten zu dürfen. Für Fragen oder Anliegen stehen wir Ihnen jederzeit zur Verfügung.