Recht & Urteil

Homeoffice und Wohnnutzung einer Mietwohnung

Immer mehr Arbeitnehmer profitieren auch nach dem Ende der Corona-Pandemie von flexiblen Homeoffice-Modellen. Das zeitweise Arbeiten in der eigenen Wohnung ist für viele zur neuen Normalität geworden. In diesem Zusammenhang stellt sich nicht nur für die Mieter immer mehr die Frage, ob und inwieweit die Ausübung der beruflichen Tätigkeit in der Mietwohnung noch von der vertraglich vorausgesetzten Wohnnutzung umfasst ist. Ab wann wird für die Homeoffice-Arbeit gegebenenfalls eine Erlaubnis des Vermieters benötigt?

Die Fragen sind nicht neu und in Ermangelung einer gesetzlichen Regelung bereits vor der Corona-Pandemie Gegenstand gerichtlicher Entscheidungen geworden.

Bereits im Jahr 2009 hatte der BGH (Urteil vom 14.07.2009, VIII ZR 165/08) über die Frage zu entscheiden, ob ein selbstständiger Immobilienmakler, der über keine eigenen Geschäftsräume verfügt und daher von seiner Mietwohnung aus arbeitet, hiermit die im Mietvertrag vorausgesetzte Wohnnutzung überschreitet. Die anderweitige Nutzung war ihm vertraglich nur bei einer ausdrücklichen Einwilligung des Vermieters erlaubt. Der Immobilienmakler wurde von seinem Vermieter aufgefordert, die gewerbliche Nutzung zu unterlassen. Da er nicht reagierte, sprach der Vermieter die Kündigung des Mietverhältnisses aus und verklagte den Mieter auf Räumung und Herausgabe der Wohnung.

Ist das Verhalten rechtsmäßig?

Das zur Durchsetzung des Räumungsanspruchs angerufene Amtsgericht gab dem Vermieter Recht. Auf die Berufung des Mieters wurde jedoch das Amtsgerichtsurteil abgeändert und die Räumungsklage abgewiesen. In der hiergegen vom Beklagten Mieter eingelegten Revision hat der BGH das Urteil des Landgerichts aufgehoben und zu erneuter Entscheidung zurückverwiesen. Gleichzeitig hat der BGH Grundsätze zur Beurteilung der Frage der Zulässigkeit der Arbeit in der Mietwohnung ausgearbeitet.

Hiernach komme es darauf an, ob der Mieter mit seiner geschäftlichen Tätigkeit nach außen in Erscheinung tritt, etwa indem er die Wohnung als seine Geschäftsadresse angibt, ob er in seiner Wohnung Kunden empfängt oder dort Mitarbeiter beschäftigt. Dabei hat der BGH festgestellt, dass jedenfalls die beruflichen Tätigkeiten, die der Mieter – etwa im häuslichen Arbeitszimmer - ausübt, ohne dass sie nach außen in Erscheinung treten, bereits von vornherein nach der Verkehrsanschauung unter den Begriff des „Wohnens“ fallen. Hierzu gehöre z.B. die Unterrichtsvorbereitung eines Lehrers ebenso wie die Telearbeit eines Angestellten. Dasselbe gelte auch für schriftstellerische Tätigkeit eines Autors oder Empfang und Bewirtung eines Geschäftsfreundes des Mieters in der Wohnung. Die typische Arbeit eines Angestellten im Homeoffice fällt damit unabhängig von ihrem zeitlichen Umfang grundsätzlich unter die Wohnnutzung. Hierzu bedarf der Mieter keiner Erlaubnis des Vermieters.

Wer trägt die Beweislast?

Ist die Arbeit des Mieters dagegen für seine Nachbarn hörbar oder sogar sichtbar, tritt sie damit nach außen in Erscheinung. Der Vermieter muss eine solche geschäftliche Tätigkeit des Mieters, die nicht mehr von der Wohnnutzung umfasst ist, ohne entsprechende Vereinbarung grundsätzlich nicht dulden. Ausnahme hiervon könnte für den Fall gelten, wo es sich nur um eine Tätigkeit ohne Mitarbeiter und ohne ins Gewicht fallenden Kundenverkehr handelt. Hier könnte der Vermieter nach Treu und Glauben verpflichtet sein, eine Erlaubnis zur teilgewerblichen Nutzung zu erteilen. Auch eine selbstständige berufliche Tätigkeit könne laut BGH im Einzelfall so organisiert sein und einen so geringen Umfang haben, dass sie – wie z. B. bei einem Rechtsanwalt oder Makler – im Wesentlichen vom Schreibtisch aus erledigt wird, in der Wohnung kein Personal beschäftigt wird und vom etwaigen Publikumsverkehr keine weitergehenden Einwirkungen auf die Mietsache oder Mitmieter ausgehen als bei einer üblichen Wohnnutzung.

Die Beweislast dafür, dass für eine nach außen in Erscheinung tretende geschäftliche Tätigkeit keine Mitarbeiter beschäftigt werden und von der Tätigkeit auch im Übrigen keine im Vergleich zur reinen Wohnnutzung nennenswerten Einwirkungen ausgehen, trägt der Mieter.

Im Jahr 2013 hat der BGH diese Rechtsprechung im Fall des Musikunterrichts mit Publikumsverkehr in einer Mietwohnung bestätigt (Urteil vom 10.04.2013, VIII ZR 213/12). Auch hier hat der BGH festgestellt, dass eine Gestattungspflicht des Vermieters nur dann in Betracht komme, wenn von der geschäftlichen Tätigkeit keine weitergehenden Einwirkungen auf die Mietsache oder Mitmieter als bei einer üblichen Wohnnutzung ausgehen, wofür der Mieter die Darlegungs- und Beweislast trage.

Ab wann die berufliche Tätigkeit des Mieters in der Wohnung nach außen in Erscheinung tritt und ob von ihr weitergehende Einwirkungen ausgehen, ist die Frage des Einzelfalls. Die typische Bürotätigkeit des Angestellten in der Mietwohnung stellt in der Regel keine Vertragsverletzung dar.

Keine Auswirkungen auf die Wohngebäudeversicherung des Vermieters

Die Unterscheidung in Wohn- und gewerbliche Nutzung wird grundsätzlich auch in der Wohngebäudeversicherung vorgenommen. Die materielle Beurteilung der tatsächlichen Nutzung der einzelnen Wohnung zur Ermittlung der Erlaubnisbedürftigkeit dieser Nutzung ist hier jedoch nicht relevant.

Vielmehr geht es in der Wohngebäudeversicherung um die Frage, wie hoch der Gesamtanteil der gewerblichen Nutzung (über Geschäftsraummietverträge) bzw. das Verhältnis der Wohn- und Gewerbenutzung in einem versicherten Gebäude ist.

Eine teilgewerbliche Nutzung der einzelnen Wohnung als Homeoffice ändert nichts an ihrer Einordnung als Wohnung im Sinne des Wohnraummietvertrages und damit auch als einer Wohneinheit im Sinne des Wohngebäudeversicherungsvertrages.