Recht & Urteil

Drum prüfe, wer sich länger bindet … - Risiken des Versichererwechsels

Dass ein Wechsel des Versicherers gerade in der D&O-Versicherung wohl überlegt sein will ist inzwischen allgemein anerkannt. Demgegenüber sind häufigere Wechsel des Anbieters in der Sachversicherung gängige Materie und gelten geradezu als Ausweis von Markttransparenz und gutem Kostenmanagement. Ein derartiger Wechsel des Anbieters kann jedoch auch zu einem klassischen Eigentor werden, wie ein jüngst vom Oberlandesgericht (OLG) Celle entschiedener Rechtsstreit belegt (Az.: 8 U 213/11).

Versicherungsschaden nach Versichererwechsel

Der Kläger war Eigentümer einer Immobilie, die bis zum 30. Juni 2003 bei der als Streithelferin dem Rechtsstreit beigetretenen Versicherungsgesellschaft über eine Wohngebäudepolice gemäß den VGB 88 gedeckt war. Er bemerkte am 24. Juli 2004 Durchfeuchtungen in seiner Küche, für die eine Leckage an der Kaltwasserzuleitung des Geschirrspülers ursächlich war. Diesen Schaden meldete er der beklagten Versicherungsgesellschaft, bei der er ab dem 01.Juli 2003 eine Gebäudeversicherung neu abgeschlossen hatte.

               

Gegensätzliche Gutachten

Diese beauftragte einen Sachverständigen mit der Schadenermittlung, der in seinem Gutachten zu dem Ergebnis kam, dass der Schaden ursächlich bereits vor dem Versicherungsbeginn am 01. Juli 2003 entstanden sein müsse. Der daraufhin von dem Kläger involvierte Versicherer des Zeitraums bis zum 30. Juni 2003 beauftragte seinerseits einen Sachverständigen, der zu dem Ergebnis gelangte, der Schaden müsse vermutlich nur Monate, vielleicht auch nur wenige Wochen vor der Schadenfeststellung eingetreten sein.

Da sich im Ergebnis beide Versicherer für jeweils unzuständig erklärten, beantragte der Kläger ein selbstständiges Beweisverfahren (Az.: 20 OH 11/08). Auch dieses brachte kein eindeutiges Ergebnis, da der dort beauftragte Sachverständige die Frage nach dem Entstehungszeitpunkt der Leckage nicht eindeutig beantworten konnte. Aus seiner Sicht blieb ein Wasseraustritt vor dem 01. Juli 2003 zwar eher unwahrscheinlich, ein späterer Eintritt war aber technisch nicht völlig auszuschließen.

Das Landgericht ordnete daraufhin die Einholung eines weiteren Gutachtens zur Klärung der Frage nach dem genauen Zeitpunkt des Eintritts der Leckage an. Dies gestaltete sich jedoch schwierig, da die ersten beiden zur Erstattung eines Gutachtens vorgesehenen Institutionen sich zur Beurteilung dieser Frage außerstande sahen. Die Materialprüfungsanstalt Braunschweig erklärte dazu, auf Basis der Faktenlage seien ihre Korrosionsfachleute nicht in der Lage, einen schlüssigen Nachweis für den genauen Zeitpunkt der Entstehung des Lecks zu führen. Ähnlich äußerte sich der ebenfalls befragte TÜV Nord.

                   

Prozess vor dem Landgericht

In dem folgenden Prozess vor dem Landgericht Hannover (Az.: 8 U 55/10) wurde dann intensiv um die Interpretation der vorliegenden Gutachten gestritten. Schlussendlich wies das angerufene Landgericht die Klage des geschädigten Hauseigentümers und Versicherungsnehmers mit der Begründung ab, der Kläger habe nicht zur Überzeugung des Gerichts nachzuweisen vermocht, dass sich der Schadenfall während des mit der Beklagten bestehenden Versicherungsverhältnisses, also bis zum 30. Juni 2003, ereignet habe.

            

Revision vor dem Oberlandesgericht

Gegen diese Entscheidung wandte sich der Hausbesitzer mit seiner Berufung vor dem OLG Celle, wo er jedoch ebenfalls Schiffbruch erlitt.

Im Ergebnis schloss sich das OLG der landgerichtlichen Argumentation an und urteilte, die Ausführungen des LG zu § 286 ZPO seien nicht zu beanstanden. Diese Bestimmung regelt die freie richterliche Beweiswürdigung sowie das sogenannte Beweismaß, nämlich die persönliche Gewissheit des Richters dahingehend, dass vernünftige Zweifel nicht bestehen. Zwar sei es gemäß der Argumentation des OLG nicht möglich, jedweden Zweifel auszuschließen, jedoch sei ein „für das praktische Leben brauchbarer Grad von Gewissheit zu fordern“ (OLG a.a.O.).

Da das Gericht auch im materiellen Recht keinen Lösungsansatz zu Gunsten des Klägers sah, wurde im Ergebnis konsequent die Klage abgewiesen, da der Kläger nicht den Beweis zu erbringen vermochte, bei welchem Versicherer sich der Schadenfall, also die Leckage, zugetragen hatte.

              

Fatales Urteil, aber juristisch nicht zu beanstanden

Dieses Ergebnis ist aus Sicht des Geschädigten natürlich fatal, insbesondere auch deshalb, weil um rund 40.000 € gestritten wurde. Juristisch ist die Entscheidung aber nicht zu beanstanden, da prozessual der Kläger die Beweislast für den von ihm geltend gemachten Anspruch trägt, so dass der naheliegende Schluss, einer von den beiden Versicherern sei haftbar, nicht verfängt.

Eine Lösung dieses Dilemmas ist – wenn überhaupt – nur auf der Bedingungsseite des Versicherungsvertrages zu finden. Dies setzt aber die Bereitschaft des neu eintretenden Versicherers voraus, quasi im Wege einer Rückwärtsdeckung für nicht genau zu bestimmende Schadenfälle, die während seiner Haftzeit entdeckt werden, einzutreten.

Auch hier gilt wie immer, dass derart komplexe und ein gutes Standing des Maklers gegenüber dem Versicherer erfordernde vertragliche Regelungen nur von einem Spezialisten geleistet werden können.