Recht & Urteil

Starkregen und Elementarschadenbedingungen: Die Tücke der Vertragsauslegung

Aufgrund des in weiten Teilen der Republik unerfreulichen Sommerwetters sowie den damit einhergehenden Starkregenereignissen hat die Mitversicherung von Elementarschäden sowie deren Regulierung eine ungeahnte Konjunktur erfahren, wie auch aus einem Beschluss des OLG Hamm vom 26. April 2017 ersichtlich (OLG Hamm Az.: 20 U 23/17).

Die Klägerin hatte bei der beklagten Versicherungsgesellschaft eine Wohngebäudeversicherung unter Einschluss des Elementarschadenrisikos auf Basis der „Besondern Bedingungen für die Versicherung weiterer Elementarschäden in der Wohngebäudeversicherung“, kurz BEW, abgeschlossen. Der mitversicherte Rückstau wurde dort wie folgt definiert: „Rückstau liegt vor, wenn Wasser durch Ausuferung von oberirdischen (stehenden oder fließenden) Gewässern oder durch Witterungsniederschläge bestimmungswidrig aus dem Rohrsystem des versicherten Gebäudes oder dessen zugehörigen Einrichtungen austritt“.

In dem streitigen Schadenfall war nach dem Vorbringen der Klägerin Wasser von der Dachterrasse in das Gebäude eingedrungen, da aufgrund der durch Starkregen überlasteten Kanalisation das Wasser nicht mehr durch das Ablaufrohr der Terrassenentwässerung abfließen konnte. Der Gebäudeversicherer lehnte eine Regulierung des Schadens mit der Begründung ab, es sei zu keinem (versicherten) Austritt von Wasser aus dem Rohrleitungssystem gekommen.

Mit dieser Ablehnung ihres Schadens wollte sich die Versicherungsnehmerin jedoch nicht abfinden und erhob Klage vor dem Landgericht Bochum, welches sich in erster Instanz der Auffassung der Klägerin anschloss und den beklagten Versicherer zur Zahlung von 4.500,00 EUR verurteilte (LG Bochum, Urteil vom 23. Dezember 2016, Az.: 4 O 177/15).

Gegen diese Entscheidung legte der Versicherer Berufung bei dem OLG Hamm ein, welches sich seiner Interpretation der Versicherungsbedingungen anschloss. Der Senat argumentierte, ein Rückstau im Sinne des § 4 BEW 2008 habe nicht vorgelegen, da aufgrund der konstruktiven Ausführung der Terrassenentwässerung es gar nicht möglich gewesen sei, dass Wasser aus dem Ablaufrohr nach oben auf die Terrasse gedrückt werden konnte, da in diesem Fall das Wasser aus einem unterhalb der Terrassenoberfläche angeordneten und nach oben hin offenen Sammelkasten übergelaufen und an der Fassade des Gebäudes nach unten gelaufen wäre.

Das OLG folgerte, aufgrund einer Auslegung der Vertragsbedingungen anhand der verständigen Würdigung eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers nach aufmerksamer Durchsicht sowie Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhanges sei kein Rückstau im Sinne der Versicherungsbedingungen gegeben (vgl. OLG a.a.O., Rn. 13 m.w.N.). Unter Zugrundelegung dieser Kriterien habe zwar möglicherweise bei einer Überlastung der Kanalisation ein Rückstau im eigentlichen Wortsinne vorgelegen, nicht aber bei Anwendung der Bestimmung des § 4 BEW, da dieser neben dem eigentlichen Rückstau im Wortsinne auch den Austritt von Wasser aus dem Rohrleitungssystem voraussetze. Dazu konnte es aber unstreitig aufgrund der technischen Besonderheiten des Ableitungssystems gar nicht kommen, so dass der Schaden tatsächlich durch den mangelnden Eintritt des auf der Dachterrasse stehenden Regenwassers in die Entwässerung entstanden sei.

Da der Wortlaut der Klausel aber gerade auf einen bestimmungswidrigen Austritt und nicht auf die Unmöglichkeit des Abfließens abstellt, sei dieser Schaden nicht von der Elementarschadendeckung erfasst (vgl. OLG a.a.O., Rn 17ff.).

Aus Sicht eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers mag diese Auslegung der Versicherungsbedingungen arg spitzfindig erscheinen, ist aber im Ergebnis nicht zu beanstanden, da der Versicherer natürlich nicht jedweden Überschwemmungsschaden decken möchte. Umso wichtiger ist, hier ein ausgefeiltes Bedingungswerk zugrunde zu legen, welches zwar die Elementarschadenbedingungen in aller Regel nicht aushebeln kann, aber dafür weitere Klauseln einschließen wird, welche die Folgen eines derartigen Vorfalles zumindest erheblich abmildern können. Zu denken ist hier etwa an die Vereinbarung des Einschlusses sogenannter weiterer Dekorationsschäden, welche zumindest die Schäden an Wand- und Fußbodendekoration aufgrund eines bestimmungswidrigen Wasserseintritts decken würde.