Recht & Urteil

Nicht nur zur Weihnachtszeit: Leistungskürzung durch den Versicherer

Immer wieder kollidieren die Bemühungen der Versicherungsnehmer um Beschleunigung häuslicher Abläufe mit den Vorstellungen der Versicherer zu Sicherheitsstandards. Diese Erfahrung musste kürzlich auch eine Hausfrau machen, deren Bestrebungen, die Vorbereitung des Mittagessens mit der Abholung der Tochter aus der Schule zu koordinieren, in einem Totalschaden der Einbauküche sowie Gebäudeschäden endeten.

 

In diesem jüngst vom Landgericht Dortmund (LG) entschiedenen Rechtsstreit (Az.: 2 O 101/11) hatte die Klägerin auf einem Ceranfeld ihrer Einbauküche Fett erhitzt, um darin Pommes frites zuzubereiten. Nach Einschalten des Herdes verließ sie das Haus, um ihre Tochter von der Schule abzuholen. Unterwegs fiel ihr ein, dass sie vergessen hatte, der Nachbarin den Haustürschlüssel zu geben, damit diese gegebenenfalls nach Ihrer im Haus verbliebenen und dort schlafenden kleinen Tochter sehen könne. Bei Rückkehr zu ihrem Wohnhaus sah sie bereits Rauch und Feuer in der Küche. Gemeinsam mit der Nachbarin gelang es ihr, den brennenden Topf vom Herd zu holen und ihre kleine Tochter in Sicherheit zu bringen, so dass beim Eintreffen der Feuerwehr der Brand bereits gelöscht war. Dennoch belief sich der Gebäudeschaden auf ca. 11 TEUR, auch war die im Jahre 2005 angeschaffte Einbauküche zerstört. 

  

Versicherung kürzt Entschädigung

Das private Wohnhaus war bei der beklagten Versicherung unter Einbeziehung der VGB 2002 zum Neuwert versichert. Diese stellte sich auf den Standpunkt, die Klägerin habe grob fahrlässig gehandelt und kürzte die Entschädigung für die Gebäudeschäden um 50 %. Die Entschädigung für die Einbauküche lehnte sie vollständig mit der Begründung ab, diese sei serienmäßig produziert und somit kein Gebäudebestandteil geworden. Im Übrigen trug die Beklagte prozessual vor, die Klägerin habe durch Anrufe bei ihr sowie der Polizei versucht, das Einschalten sowie das Entflammen der Herdplatte zu leugnen, so dass allein aus diesem Grund Leistungsfreiheit bestünde.

Das Gericht gab nach erfolgter Beweisaufnahme der Klage in Höhe von 2.250,00 EUR nebst Zinsen statt, wies die Klage aber im Übrigen ab. Begründet wurde diese Entscheidung damit, dass die Leistungskürzung des Gebäudeschadens durch die Beklagte zu Recht erfolgt sei, da die Klägerin gemäß § 81 Abs. 2 VVG den Schaden grob fahrlässig selbst herbeigeführt habe. Da das Erhitzen von Fett wegen dessen Entflammbarkeit zu den besonders gefährlichen Tätigkeiten beim Kochen zählt, vertrat das Gericht die Auffassung, die Klägerin habe in objektiver Hinsicht eine derart gravierende Pflichtverletzung begangen, dass dies einen besonders schweren Pflichtenverstoß begründe. Auch subjektiv habe sie in unentschuldbarer Weise gehandelt, da sie in der Zubereitung von Speisen nach eigenem Bekunden nicht unerfahren gewesen sei, so dass ihr hätte einleuchten müssen, dass das unbeaufsichtigte Erhitzen von Fett außergewöhnlich leichtsinnig ist.

Hinsichtlich der zerstörten Einbauküche vertrat das LG abweichend von der Sicht der Beklagte die Auffassung, diese sei vom Versicherungsschutz umfasst. Da gemäß § 1 Nr. 2 a VGB 2002 Einbau- bzw. Küchenmöbel mit versichert seien, sofern diese nicht serienmäßig produziert, sondern individuell für das Gebäude raumspezifisch geplant seien, was nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme auch für die durch den Brand beschädigte Küche gelte, habe Versicherungsschutz über den Wohngebäudevertrag bestanden.

Die Tatsache, dass Bestandteile der Küche wie Elektrogeräte und Schränke in Serie gefertigt wurden, sah das LG als unschädlich an, da gemäß §1 Nr. 2 a VGB 2002 keine individuelle Fertigung sondern lediglich eine raumspezifische Planung und Fertigung gefordert sei. Dies sei bereits dann der Fall, wenn die Küche nach vorhandenen Anschlüssen geplant und jedenfalls Teile, wie etwa die Arbeitsplatte, nach den individuellen Gegebenheiten gefertigt sei (vgl. dazu auch LG Düsseldorf, VersR 2011, 525).
Glücklicherweise betrifft diese Entscheidung nicht den Fall eines Wohnungsunternehmens als Versicherungsnehmer, da deren Mieter nicht als Repräsentanten im Sinne des Versicherungsvertragsrechts anzusehen sind.

Damit könnte auch ein derartiges Fehlverhalten eines Mieters - wie im hier entschiedenen Fall - nicht dem Vermieter zugerechnet werden, so dass der Versicherer ohne Leistungskürzung regulieren müsste.

Dessen ungeachtet dürfte sich der Vermieter allerdings auf unschöne Auseinandersetzungen mit weiteren geschädigten Mietern einstellen, sofern diese, z.B. durch Rauchentwicklung, quasi einen „Kollateralschaden“ erlitten haben. Zwar würde die Inanspruchnahme durch die weiteren Geschädigten vermutlich am mangelnden Verschulden des Vermieters scheitern, jedoch wird dieser Umstand die Auseinandersetzungen eher noch erschweren. 

           

Gefahren lauern besonders zur Weihnachtszeit

Diese Entscheidung ist insofern jbesonders aktuell, als zur Weihnachtszeit zwar nicht unbedingt die Zubereitung von Pommes Frites das Gefahrenpotential der Versicherer in die Höhe schnellen lässt, als vielmehr das unbeaufsichtigte Abbrennen von Kerzen auf Weihnachtsbäumen und Adventsgestecken. Die Versicherungsnehmer bzw. die Mieter sind gut beraten, jede Art von offenem Feuer nur unter permanenter Aufsicht brennen zu lassen und nach Möglichkeit einen Eimer Löschwasser griffbereit zu halten. Anderenfalls kommt zu der verdorbenen Weihnachtszeit auch noch eine böse Überraschung in Form von Auseinandersetzungen mit dem Versicherer hinzu, falls sich der unbeaufsichtigte Weihnachtsbaum zum flammenden Inferno wandelt.

  

Wenn Sie mehr dazu wissen wollen, fragen Sie mich am 31. Januar/01. Februar 2013 in Köln auf der VdS-Fachtagung "Brandschutz in Mehrfamilienhäusern".