Recht & Urteil

Neues zur D & O: Gefahrerhöhung und Anzeigepflichten

Obgleich es die Vermögensschadenhaftpflichtversicherung für Unternehmensleiter und Leitende Angestellte, kurz D & O (=Directors and Officers Liability) schon seit den 90er Jahren im deutschen Markt gibt, hat es immerhin bis zum 12. September 2012 gedauert, bis sich der Bundesgerichtshof inhaltlich mit dieser Haftpflichtversicherung auseinandergesetzt hat (BGH, Urteil vom 12.09.2012, Az.: IV ZR 171/11).

 

D&O-Versicherung für Mitglied des Aufsichtsrates

Dieser Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Kläger war seit 2006 Mitglied des Aufsichtsrates einer in der Rechtsform der Aktiengesellschaft betriebenen Molkerei. Das Unternehmen hatte bei der beklagten Versicherungsgesellschaft eine als Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung von Unternehmensleitern und Leitenden Angestellten bezeichnete D & O-Police abgeschlossen, über welche neben weiteren Personen auch der Kläger in seiner Funktion als Mitglied des Aufsichtsrates versichert war.
  

Schadenersatzforderung nach Unternehmensübernahme

Im Oktober 2007 wurde die Mehrheit der Aktien der Versicherungsnehmerin von einem anderen Unternehmen übernommen. Davon erhielt die Klägerin im März 2008 durch ein Schreiben der Versicherungsnehmerin erstmals Kenntnis. Bereits am 11. Dezember 2007 wurde der Kläger nebst anderen Mitgliedern des Aufsichtsrates von der Versicherungsnehmerin auf Zahlung von Schadenersatz in Höhe von insgesamt 4,5 Mio. EUR in Anspruch genommen. Begründet wurde diese Forderung damit, dass der Aufsichtsrat an Verlust bringenden Geschäften mitgewirkt habe.

 
Versicherer fordert Stellungnahme

Über diese Forderung wurde die beklagte Versicherung beizeiten informiert, so dass sie am 28.01.2008 den Kläger anschrieb und ihn aufforderte, zu den erhobenen Vorwürfen eine persönliche Stellungnahme abzugeben.

Mit Schreiben vom 18.02.2008 widerholte die Beklagte diese Forderung und verwies auf drohende Leistungsfreiheit wegen Verletzung der Auskunftsobliegenheit. Der Kläger wandte sich daraufhin an die Beklagte und wollte anwaltliche Hilfe zur Fertigung der Stellungnahme in Anspruch nehmen. Ob die Beklagte die Übernahme der Kosten mündlich verweigerte, blieb im Prozess streitig. Jedenfalls beauftragten der Kläger sowie weitere Mitglieder des Aufsichtsrates einen Rechtsanwalt, der mit Schreiben vom 13.03.2008 die Schadenersatzforderungen der Versicherungsnehmerin zurückwies. Letztlich verfolgte die Versicherungsnehmerin diese Ansprüche nicht mehr weiter.
  

Versicherer verweigert Zahlung

Die Begleichung der Honorarrechnung des Anwaltes verweigerte die Beklagte unter Hinweis auf ihre Vertragsbedingungen, gemäß deren Ziff. 11.2 Abs. 3 ULLA der Versicherungsschutz mit Beginn des neuen Beherrschungsverhältnisses automatisch erlischt. Außerdem bestritt sie die Höhe der geltend gemachten Honorarforderung.

   

BGH entscheidet

Während der Kläger in den Vorinstanzen unterlegen war, obsiegte er mit seinem Revisionsbegehren vor dem BGH. Die Vorinstanz argumentierte damit, dass die infolge des Beherrschungswechsels bei der AG eingetretene Gefahrerhöhung sich als nicht veranlasste Gefahrerhöhung gem. § 27 Abs. 1 S. 1 VVG a.F. darstelle, welche die Versicherungsnehmerin gemäß § 27 Abs. 2 VVG a.F. unverzüglich der Beklagten habe anzeigen müssen, also noch im Oktober 2007. Da der Versicherungsfall aber erst am 11. Dezember 2007 eingetreten sei, sei die Beklagte leistungsfrei gemäß § 28 Abs. 1 VVG a.F.

Demgegenüber vertrat der BGH die Auffassung, die §§ 27, 28 VVG a.F. seien nicht anwendbar. Selbst wenn durch den Wechsel in der Beherrschung eine Gefahrerhöhung eingetreten sein sollte, enthalten die Allgemeinen Versicherungsbedingungen der Beklagten abschließende Regelungen, die für die Versicherungsnehmerin günstiger sind als die gesetzlichen Regelungen in §§ 27, 28 VVG a.F., so dass für einen Rückgriff auf diese kein Raum besteht. Der BGH interpretierte die Vertragsbedingungen im Sinne eines verständigen Versicherungsnehmers dahingehend, dass diese im Falle einer hier einzig in Betracht kommenden nicht veranlassten, also unabhängig vom Willen der Versicherungsnehmerin eintretenden Gefahrerhöhung keine Anzeigepflicht gemäß §§ 27, 28 VVG a.F. trifft.

Der von der D & O Versicherung geschützte Personenkreis könne nicht davon ausgehen, dass für den Fall einer nicht verursachten Gefahrerhöhung im Sinne des § 27 VVG a.F. ein strengerer Maßstab anzulegen sei als bei verursachten Gefahrerhöhungen im Sinne des § 23 VVG a.F. Da es noch Unklarheiten zur Frage der Beauftragung eines Rechtsanwaltes sowie zu dessen Honorarforderung gab, wurde die Angelegenheit zur weiteren Sachverhaltsaufklärung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
  

Kein Zurück auf die gesetzliche Ausgangslage

Die Rechtsauffassung des BGH ist insoweit bemerkenswert, als im Falle des Abweichens von gesetzlichen Normen im Rahmen der Versicherungsbedingungen kein Zurück auf die gesetzliche Ausgangslage im Schadenfall mehr möglich ist, sofern die Allgemeinen Vertragsbedingungen wie hier eine abschließende Regelung enthalten.

 

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