Recht & Urteil

Mithaftung des Gebäudeeigentümers bei zündelnden Kindern

Immer wieder ziehen leerstehende Immobilien unwillkommene Besucher aller Art aber auch spielende Kinder an, die solche Leerstände gern als Abenteuerspielplatz nutzen. Bei deren Aktivitäten wird nicht selten auch mit offenem Feuer hantiert, so wie in einem am 15. Juni 2011 vom Oberlandesgericht Koblenz entschiedenen Fall (Az.: 1 U 643/10).

Dort waren vier Geschwister im Alter von 8, 9, 11 und 12 Jahren in ein seit Jahren leerstehendes Haus eingedrungen und wollten dort mit entzündeter Pappe Licht erzeugen. Dieser Versuch misslang jedoch gründlich, so dass in der Folge das gesamte Haus nieder brannte. Die Privathaftpflichtversicherung der Mutter regulierte die Hälfte des Schadens, weigerte sich aber mehr zu zahlen mit der Begründung, die Eigentümerin der Immobilie treffe ein hälftiges Mitverschulden aufgrund des jahrelangen Leerstands und der Verwahrlosung des Hauses.

 

Daraufhin kam es zu einem Rechtsstreit vor dem Landgericht Koblenz, in welchem der Kläger, dem die Eigentümerin des Hauses ihre Ansprüche abgetreten hatte, von den vier Geschwistern und ihrer Mutter Schadenersatz in Höhe von noch ca. 25.000 EUR verlangte. Er begründete seinen Anspruch damit, dass die Kinder in ihrem Alter die Gefahren ihres Handelns hätten erkennen müssen. Der Mutter warf er eine Vernachlässigung ihrer Aufsichtspflicht vor. Das LG verurteilte daraufhin die beiden älteren Kinder zur Zahlung des begehrten Schadenersatzes, da diese nach Auffassung des Gerichts schon über eine hinreichende Einsichtsfähigkeit verfügten. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen. Insbesondere sah das LG keine Mitschuld auf Seiten der Eigentümerin, da sie nicht mit zündelnden Kindern habe rechnen müssen.

 

Gegen diese Entscheidung legten die beiden verurteilten Kinder Berufung ein, da sie der Auffassung waren, aufgrund der Verwahrlosung des Hauses treffe die Eigentümerin ein zumindest hälftiges Mitverschulden. Dieser Berufung gab das OLG Koblenz teilweise statt und verurteilte die Beklagten nur noch zu einer Restzahlung von 10.250 EUR nebst anteiligen außergerichtlichen Kosten.

      

Verwahrlostes Haus als Anziehungspunkt für Unbefugte

Begründet wurde die Entscheidung damit, dass die Kinder zwar im Gegensatz zu den beiden jüngeren Geschwistern hinreichend einsichtsfähig gewesen seien, sich jedoch der Kläger das Mitverschulden der Eigentümerin in einer Quote von 30 % entgegenhalten lassen müsse, so dass der Schaden nur zu 70 % ersatzpflichtig sei. Da das Haus über Jahre hinweg verwahrlost sei, habe es sich zu einem Anziehungspunkt für Unbefugte entwickelt. Aufgrund dessen habe es sich der Eigentümerin aufdrängen müssen, welche Gefahren von spielenden Kindern auf diesem Grundstück ausgegangen sei. Folglich hätte sie Vorsorgemaßnahmen ergreifen müssen, damit das Haus keine „Einladung“ für Kinder mehr darstelle. Die Höhe des Mitverschuldens wurde dabei auf 30 % beziffert.

 

Der Entscheidung lässt sich nichts zu dem etwaigen Vorhandensein einer Gebäudeversicherung entnehmen. Allerdings ist davon auszugehen, dass bei einem derartigen Sachverhalt der Versicherer eine Regulierung des Schadens aufgrund der wesentlichen Gefahrerhöhung durch den Leerstand, die Verwahrlosung und mangelnde Absicherung des Gebäudes verweigert hätte aufgrund der daraus resultierenden Obliegenheitsverletzung der Gebäudeeigentümerin.

      

Versicherer über Leerstände informieren

Für Gebäudeeigentümer ist es folglich bei Leerständen wichtig, zunächst einmal den Gebäudeversicherer über diesen Leerstand zu informieren. Sofern es sich nur um ein temporäres Ereignis handelt wird dieser die Risikoerhöhung prämienzuschlagsfrei decken. Dauert dieser Zeitraum aber länger und geht – wie im vorliegenden Fall – mit einem allmählichen Verfall der Baulichkeit Hand in Hand, wird der Versicherer die Neuwertentschädigung verweigern und das Gebäude allenfalls auf Zeitwertbasis oder sogar nur auf Basis des gemeinen Werts versichern. Da in diesen Fällen nur eine unter Umständen sehr bescheidene Entschädigungsleistung zu erwarten ist, sollte man gemeinsam mit seinem Makler prüfen, welche Handlungsoption hinsichtlich der Fortführung des Versicherungsschutzes auch unter Kostenaspekten sinnhaft ist.

 

Wenig erfolgversprechend ist jedenfalls die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen gegenüber den Eltern minderjähriger Abenteuerlustiger, da eine Vernachlässigung der Aufsichtspflicht unter Umständen sehr schwierig nachzuweisen ist und auch die Leistungsfähigkeit der Eltern nicht in jedem Fall gegeben sein dürfte. Sinnvoller ist daher die Aufrechterhaltung eigenen Versicherungsschutzes, wobei sich dieser nicht nur auf das Gebäude sondern auch auf die damit verbundenen Haftungsrisiken erstrecken sollte. Wichtigster Schritt im Zusammenhang mit Leerständen ist und bleibt aber die sofortige Anzeige beim Versicherer des Gebäudes.