Recht & Urteil

Marode Dächer und Elementarschäden - Wenn der Regen unter die Dachziegel fließt

Die meisten Versicherungsnehmer gehen davon aus, alles sinnvollerweise Nötige getan zu haben, wenn Sie zusätzlich zur Gebäudeversicherung auch noch das Elementarschadenrisiko in den Versicherungsvertrag eingeschlossen haben. Doch auch in diesen Fällen steckt der Teufel im Detail, wie sich aus einer Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Karlsruhe vom 30. September 2014 entnehmen lässt (Az.: 12 U 63/14). Wolf-Rüdiger Senk, Prokurist und Bereichsleiter Versicherungsrecht bei der AVW Unternehmensgruppe, erklärt, warum Verschulden vor Gericht bisweilen unterschiedlich ausgelegt wird.

 

Elementarschadenversicherung: Der Teufel steckt im Detail

Die Klägerin hatte in dem Fall eine Feuer- und Elementarschadenversicherung für ihr Wohnhaus bei der beklagten Versicherungsgesellschaft abgeschlossen. Dem Vertrag lagen die Allgemeinen Bedingungen der Beklagten zur Feuer- und Elementarschadenversicherung (FEVB 2001) zugrunde. Nachdem im November 2011 ein Sturm der Stärke 10 über den Wohnort der Klägerin hinweg gegangen war, stellte die Frau im Treppenhaus und Schlafzimmer Durchfeuchtungen fest, was Sie ihrer Versicherung noch am selben Tag anzeigte. Sie trug vor, der Sturm habe Dachziegel angehoben, wodurch Regen eingedrungen sei und den Feuchtigkeitsschaden verursacht habe.

Dessen Beseitigung würde Kosten in Höhe von über 19.000 Euro brutto verursachen. Die Beklagte verweigerte die Regulierung mit der Begründung, es handle sich um einen sogenannten Einregenschaden. Auch seien die geltend gemachten Sanierungskosten überhöht.

Sturmfestes Dach: Landgericht sah keine Mängel

Der Fall ging vor Gericht: Das erstinstanzlich von der Klägerin angerufene Landgericht stellte die Verpflichtung der Beklagten zur Regulierung des Schadens abzüglich einer Selbstbeteiligung der Klägerin von 200 Euro fest. Das Gericht konstatierte, der Schaden sei versichert gewesen, und eine Haftungsbeschränkung gemäß des § 6 FEVB 2001, für welche die Beklagte beweispflichtig sei, komme nicht in Betracht. Der Argumentation des Versicherers, dass der Schaden durch reines Eindringen von Regenwasser verursacht worden sei, folgten die Richter nicht.

Sie gingen davon aus, dass der Sturm einen Teil des Daches angehoben habe, wodurch es zum – versicherten – Eintritt des Regenwassers gekommen sei. Da nach den Feststellungen des Sachverständigen auch keine erheblichen Mängel des Daches vorgelegen hätten, greife ein Haftungsausschluss gemäß § 6 Abs. 3a FEVB 2001 nicht.

Dieser Sichtweise wollte sich das von der Beklagten angerufene OLG nicht anschließen. Entgegen der Auffassung des LG sah es den Ausschlussgrund des § 6 (4) b FEVB 2001 als gegeben an, da nach den Ausführungen des Sachverständigen Regenwasser über die vorhandenen Klaffungen zwischen den Dachabdeckplatten und den Köpfen bzw. Dichtscheiben der Befestigungsnägel eingedrungen sei. Dieser Fall sei gemäß der Bestimmung des § 6 (4) b FEVB 2001 versichert, sofern die Öffnung, durch die das Wasser eindringen konnte, durch ein versichertes Ereignis entstanden sei. Diese Regelung sei als Ausschluss mit Wiedereinschluss zu werten, wobei die Klägerin die Beweislast für das Vorliegen des Wiedereinschlusses trüge. Diesen Beweis habe sie jedoch nach der Überzeugung des Gerichts nicht zu führen vermocht.

  

Waren die Nägel schon vor dem Sturm locker?

Der Sachverständige habe vor Ort festgestellt, dass ca. 50 Prozent der Befestigungsnägel des Daches gelockert gewesen seien, so dass zwischen den Nagelköpfen bzw. den Dichtscheiben und den Dachplatten ein deutlicher Abstand gewesen sei. Die weiteren Feststellungen des Sachverständigen hätten samt und sonders eine gewisse Wahrscheinlichkeit ergeben, dass die Lockerung der Befestigungen zumindest auch durch das Sturmereignis hätten beeinflusst sein können, jedoch überzeugte das das OLG nicht.

Bei zusammenfassender Würdigung der Fakten verblieb nach Auffassung des Senats eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass die Lockerungen bereits vor dem Sturmereignis im November 2011 aufgrund von Quell- und Schwinderscheinungen in der die Dachplatten tragenden Holzkonstruktion entstanden seien. Aufgrund dieser Zweifel an der Ursächlichkeit des Sturmes für den Regenwassereintritt gab das OLG der Berufung der Versicherung statt und wies die Klage der geschädigten Versicherungsnehmerin unter Aufhebung des erstinstanzlich obsiegenden Urteils ab.


Gut beraten optimal abgesichert

Die Entscheidung ist zwar konsequent im Sinne der Beweislastregeln, hinterlässt aber einen schalen Nachgeschmack bei Berücksichtigung der Anforderungen an die Beweisführung der Versicherungsnehmerin. Bei einer Ex-Post-Betrachtung eines derartigen Schadens wird kein Sachverständiger mit einer alle Zweifel ausschließenden Feststellung des Sachverhaltes einen eindeutigen Schadenhergang attestieren können. Bei Lektüre der Beweiswürdigung drängt sich der Eindruck auf, das Gericht habe mit ähnlicher Begründung auch im Sinne der Versicherungsnehmerin entscheiden können. Diese Entscheidung belegt insoweit exemplarisch die Erkenntnis, dass gut beraten ist, wer sich zur Versicherung seiner Immobilien einschlägig fachkundigen Knowhows bedient und tunlichst nicht auf die Standardbedingungen der Versicherungsgesellschaften vertraut.