Recht & Urteil

Der nächste Winter kommt bestimmt - Verkehrssicherungspflichten des Grundstückseigentümers

Obgleich der Sommer in diesem Jahr nur sehr eingeschränkt stattfand, ist es nur eine Frage der Zeit, bis Eis- und Schneeglätte wieder die Gerichte und Haftpflichtversicherer beschäftigen werden. Oft und gern wird in diesem Zusammenhang um die Übertragung der Streu- und Räumpflicht des Grundeigentümers auf Dritte gestritten, wie etwa in der nachstehend besprochenen Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm vom 16. Januar 2012 (Az.: I-6 U 206/11, 6 U 206/11).

 

In diesem Fall machte die Klägerin wegen eines Glatteisunfalles Ansprüche gegen die Beklagten geltend. Diese hatten als Eigentümer einer Immobilie die ihnen gemäß der örtlichen Straßenreinigungs- und Gebührensatzung obliegende Streu- und Räumpflicht auf ihren Mieter, der in diesem Objekt eine Gaststätte betrieb, übertragen. Nach allgemeiner Auffassung wandelt sich in diesem Fall die eigentliche Verkehrssicherungspflicht des Gebäudeeigentümers in eine Kontroll- und Überwachungspflicht gegenüber dem Mieter oder auch Dienstleister, dem diese Verkehrssicherung übertragen wurde.

Prozessual oblag es zwar der Klägerin, den Beweis für die Verletzung der Kontroll- und Überwachungspflichten der Beklagten zu erbringen. Dennoch mussten diese nach den Grundsätzen der sogenannten sekundären Beweislast nähere Einzelheiten zu ihren Kontrollmaßnahmen vortragen. Dies gelang den Beklagten nur teilweise, da etwa der Beklagte zu 2) nicht wusste, ob es konkrete Absprachen mit der Verwalterin der Immobilie gab und wie die Kontrollen durchgeführt werden sollten. Nach Vernehmung der Verwalterin als Zeugin ergab sich dann, dass wohl 2-3mal wöchentlich eine Kontrolle vorgenommen wurde.

Trotz des zumindest zweifelhaften Gelingens des Entlastungsbeweises durch die Beklagten stellte sich das Gericht auf den Standpunkt, selbst wenn diese ihrer Kontroll- und Überwachungspflicht nicht genügt hätten, sei dieser Verstoß nicht kausal für den Unfall der Klägerin gewesen. Begründet wurde diese Auffassung damit, dass selbst bei einer ordnungsgemäßen Überprüfung in Abständen von 2-3 Tagen eine Vereisung des Gehwegs nicht ausgeschlossen werden könne. Zu Gunsten der Beklagten führte das Gericht ferner an, dass seit Abschluss des Mietvertrages im Jahre 2001 bis zum Tag des Unfalles am 12.01.2009 es nie zu Beanstandungen gekommen sei. Auch habe der Mieter in seiner Eigenschaft als Betreiber einer Gaststätte selbst ein Interesse daran, dass der Zugang zu seinem Lokal problemlos möglich sei.

Interessant ist bei dieser Konstellation, dass auch andere Gerichte stichprobenartige Kontrollen ausreichen lassen (so z.B. OLG Brandenburg VersR 2009, 222, 223). Im Falle der Beauftragung einer Fachfirma mit der Schnee- und Eisbeseitigung wird sogar die Ansicht vertreten, dass eine monatliche Kontrolle der ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung ausreichen solle (in diesem Sinn LG Wiesbaden MDR 2011, 35).

Diese vergleichsweise großzügige Auslegung der Kontroll- und Überwachungsfunktion hat natürlich nur dann Bestand, wenn es in der Vergangenheit keine Vorfälle gegeben hat, die zumindest Zweifel hinsichtlich der ordnungsgemäßen Erfüllung der übertragenen Aufgaben nahelegen.

Gerade die Haftpflichtversicherer pflegen bei der Übertragung der Verkehrssicherungspflichten auf Mieter wenig Begeisterung an den Tag zu legen, da die Erfahrung zeigt, dass in diesen Fällen oftmals lax mit den übertragenen Pflichten umgegangen wird. Dies gilt umso mehr, wenn die Beauftragung im Rahmen der Hausordnung und nicht per Individualabrede erfolgte. Aus Sicht des Versicherers ist es daher allemal vorzugswürdig, eine Fachfirma mit diesen Arbeiten zu beauftragen, wobei auch dies keine absolute Sicherheit vor Unfällen aufgrund von Schnee- oder Eisglätte bietet, für den Versicherer jedoch den Vorteil beinhaltet, bei der Räumfirma bzw. deren Haftpflichtversicherer Regress nehmen zu können.

Bei der Absicherung derartiger Risiken sowie der Abwicklung einschlägiger Schadenfälle kommt es wie immer darauf an, ein den Risiken der Immobilienwirtschaft adäquates Haftpflichtkonzept vorzuhalten, um vor unliebsamen und kostspieligen Überraschungen gefeit zu sein. Sicherheit bietet hier die Einschaltung eines Spezialisten mit Branchenexpertise.