Recht & Urteil

Dein Freund der Baum

Große Bäume werden gerade im Hochsommer als Schattenspender sehr geschätzt. Weniger beliebt sind diese jedoch, wenn sie irgendwann umfallen oder Äste verlieren, insbesondere dann, wenn dabei Autos im Weg herumstehen. Über aus einem derartigen Vorfall resultierende Schadenersatzansprüche hatte kürzlich das Landgericht (LG) Magdeburg zu entscheiden (Az.: 9 O 757/10).

 

 

Verkehrssicherungspflichten verletzt?

In diesem Fall hatte der Kläger seinen PKW ohne Erlaubnis der beklagten Grundstückseigentümerin auf deren Hof abgestellt, als eine dort befindliche Zitterpappel umstürzte und auf den parkenden PKW fiel, der vollkommen zerstört wurde. Der Gesamtschaden betrug über 6.000 €. Der Kläger begehrte daraufhin Schadenersatz von der Grundstückseigentümerin mit der Begründung, diese habe ihre Verkehrssicherungspflichten verletzt, da sie die Veränderungen des morschen Baumes habe erkennen müssen.

Diese dachte jedoch gar nicht daran zu zahlen und bestritt, dass der Baum krank gewesen sei. Außerdem treffe den Kläger ohnehin eine Mitschuld, da er auf dem Grundstück gar nicht habe parken dürfen. Der Streitfall landete daraufhin vor dem LG Magdeburg, dass über das Vorbringen der Parteien Beweis erhob sowohl durch Anhörung von Zeugen als auch durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Daraufhin stellte sich heraus, dass die Beklagte zwar einen Bekannten mit der Kontrolle ihrer Bäume betraut hatte, jedoch dieser kein fachlich vorgebildeter „Baumkontrolleur“ sondern nur ein interessierter Laie war, dem anlässlich seiner Begehung in der Tat nichts aufgefallen war.

  

Gericht gibt Kläger Recht

Der begutachtende Sachverständige stellte demgegenüber fest, dass eine bedeutsame Kallusbildung (= Bildung undifferenzierten Gewebes als Wundverschluss bei einer Pflanze) vorlag, aus der ein Fachmann auf die relevante Schädigung des Baumes hätte schließen können. Dieses Ergebnis der Beweisaufnahme veranlasste das Gericht, dem Anspruch des Klägers stattzugeben.

In den Urteilsgründen führte das LG aus, nach der obergerichtlichen Rechtsprechung könne sich der Verkehrssicherungspflichtige zwar grundsätzlich mit einer sorgfältigen äußeren Begutachtung begnügen, welche zweimal jährlich in belaubtem und unbelaubtem Zustand des Baumes vollzogen werden müsse. Eine weitergehende fachmännische Begutachtung sei aber nur bei Feststellung verdächtiger Umstände zu veranlassen (in diesem Sinne etwa BGH VersR 1965, 475). Diese Untersuchung war im vorliegenden Fall zwar formell erfolgt, jedoch nicht mit der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt gemäß § 276 Abs. 2 BGB, da ein fachlich qualifizierter Baumkontrolleur die Vorschädigung des Baumes habe erkennen können und müssen. Da dies im vorliegenden Fall nicht erfolgt sei, hafte die Beklagte aus ihrer Verletzung der ihr als Eigentümerin des Baumes obliegenden Verkehrssicherungspflicht gemäß §§ 823 Abs.1, 831 BGB dem Kläger auf Ersatz seines Schadens.   

   

Ansprüche trotz Falschparkens

Interessant ist in diesem Kontext auch, dass der Kläger ohne Einwilligung auf dem Grundstück der Beklagten geparkt hatte. Das Gericht stellte in diesem Zusammenhang darauf ab, dass das Parken zwar möglicherweise nicht gestattet aber doch auf einer großen privaten und befahrbaren Parkfläche ohne weiteres möglich war. Es schloss sich im Ergebnis einer Entscheidung des LG Augsburgs an, der zufolge einen Kraftfahrer auch dann kein Mitverschulden trifft, wenn er sein Fahrzeug innerhalb eines Parkverbots abstellt. Ob in Anbetracht dieser Umstände nicht zumindest ein Mitverschulden des Klägers in Betracht gekommen wäre, erscheint zumindest diskutabel.
    

Keine einheitliche Rechtsprechung – Haftpflichtschutz empfehlenswert

Immerhin lässt sich feststellen, dass die Rechtsprechung in derartigen Fällen keineswegs einheitlich ist. Als praktikabler Mindeststandard für die Eigentümer oder Verwalter größerer Immobilienbestände mag die Rechtsprechung des BGH dienen, die einen praktikablen Maßstab setzt.

Ansonsten gilt es, ausreichenden Haftpflichtversicherungsschutz für den Haus- und Grundeigentümer vorzuhalten, der typischerweise auch solche Risiken abdeckt und nicht nur den Schadenfall prüft und gegebenenfalls reguliert, sondern auch eine Rechtsschutzfunktion für den Versicherungsnehmer dahingehend erfüllt, dass auch die Rechtsverteidigungskosten für unberechtigt gehaltener Ansprüche übernommen werden. Der spezialisierte Berater verfügt über entsprechende Konzepte, die Deckungslücken vermeiden helfen.