Recht & Urteil

Bauarbeiten und Nachbarschäden. Wer zahlt den Schaden?

Häufig kommt es bei Bauarbeiten zu Streitigkeiten mit den Nachbarn, weil Ausschachtungs-, Ramm- und sonstige Arbeiten beispielsweise zu Rissbildungen an der vorhandenen Nachbarbebauung führen. So war es auch bei einem jüngst vom Landgericht Coburg entschiedenen Rechtsstreit, bei dem es um Schäden in Höhe von über 10.000,00 EUR an der Klinkerverkleidung eines Hauses ging (Az.: 22 O 273/09).

Die Beklagte, ein kommunales Bauunternehmen, führte im Jahr 2008 Arbeiten an einer Straße, an welche das Hausgrundstück der Kläger grenzte, durch und setzte dort im Zuge der Verfüllung der Baugrube eine Rüttelplatte ein. Die Kläger behaupteten, durch diese Rüttelarbeiten seien eine Vielzahl von Rissen und Schäden an der Klinkerverkleidung ihres Hauses entstanden. Die Beklagte verteidigte sich damit, dass die Arbeiten nach den anerkannten Regeln der Technik durchgeführt worden seien. Auch sei das Haus der Kläger schon über 60 Jahre alt und liege unmittelbar an einer stark befahrenen Straße, so dass die Schäden altersbedingt und nicht durch die Bauarbeiten entstanden seien.

Landgericht wies Klage ab

Letztlich wies das Landgericht die Klage ab, da der beauftragte Sachverständige feststellte, dass die Schäden schon vor Beginn der Baumassnahme jedenfalls im Ansatz vorhanden gewesen seien. Eine Verschlechterung des Zustandes durch die Arbeiten konnte der Sachverständige zwar nicht ausschließen, jedoch auch nicht belegen. Da die Kläger somit nicht den Beweis für die Ursächlichkeit der Bauarbeiten an den vorhandenen Schäden ihres Hauses erbringen konnten, kam es folgerichtig zur Klagabweisung.

Dieser Rechtsstreit ist in zweierlei Hinsicht von Interesse. Zwar ist hinlänglich bekannt, dass umfangreiche Bauarbeiten durchaus erhebliche Auswirkungen auf die Nachbarbebauung haben können, jedoch wird es oftmals sowohl auf Seiten der betroffenen Nachbarn als auch auf Seiten des Bauherrn unterlassen, eine Dokumentation des status quo durch eine Beweisssicherung vorzunehmen. Nur diese sachverständige Begleitung der Arbeiten bietet die Gewähr, dass im Nachhinein vermeintliche oder tatsächliche Verschlechterungen der vorhandenen Bausubstanz „gerichtsfest“ dokumentiert sind und ggf. prozessual verwandt werden können.

Haftpflichtversicherung wird nicht zahlen

Aber auch für den Bauherren, der Streit mit den vorhandenen Nachbarn vermeiden will und im Hinblick darauf eine Beweissicherung vereinbart hat, kann dies unliebsame Überraschungen mit sich bringen, wenn er nämlich diesen Schaden seiner Haftpflichtversicherung meldet im guten Glauben, dass diese die berechtigten Ansprüche seines Nachbarn schon regulieren werde. Die Haftpflichtversicherung wird in solchen Fällen in aller Regel eine Einstandspflicht verneinen, da es sich bei den in Rede stehenden Ansprüchen nicht um privatrechtliche Schadenersatzansprüche nach den §§ 823 ff. BGB, die gemäß den Allgemeinen Haftpflichtversicherungsbedingungen (AHB) gedeckt sind, handelt, sondern um sogenannte Nachbarrechtliche Ausgleichsansprüche gem. § 906 BGB, welche nicht Gegenstand der Haftpflichtdeckung sind.

Bei den Ausgleichsansprüchen gem. § 906 Abs. 2 BGB geht es um Beeinträchtigungen, die von einem Grundstück ausgehen und durch wirtschaftlich zumutbare Maßnahmen von dem Eigentümer dieses Grundstücks nicht zu vermeiden sind, wie dies etwa bei Bauarbeiten, bei denen gerammt oder gerüttelt werden muss, der Fall ist. Wenn der Eigentümer des Nachbargrundstückes nun zur Duldung dieser Arbeiten verpflichtet ist, so steht ihm dennoch eine angemessene Entschädigung in Geld für die Beeinträchtigung seines Eigentums zu.

  

Auch für diese Fälle bietet die Versicherungswirtschaft adäquate Lösungsansätze über den Einsschluss nachbarrechtlicher Ansprüche gem. §§ 906, 1004 BGB in sogenannte kombinierte Bauleistungs- und Haftpflichtpolicen, kurz „Kombi-Police“. Dabei handelt es sich um Deckungskonzepte speziell für größere und komplexe Bauvorhaben, die aber nicht „von der Stange“ verfügbar sind, sondern speziell für die Anforderungen des Projektes verhandelt und tarifiert werden. Zur Umsetzung bedarf es des speziellen Know how sowohl auf Seiten des Versicherungsmaklers als auch des Versicherers, so dass hier wie auch sonst die Empfehlung gilt, sich eines Maklers mit spezieller Branchenkompetenz zu bedienen.