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Betriebsrentenstärkungsgesetz: Was ändert sich bei der betrieblichen Altersversorgung?

Zum 01. Januar 2018 soll das Betriebsrentenstärkungsgesetz (BRSG) in Kraft treten. Was bedeutet das konkret für Ihr Unternehmen? Welche Chancen ergeben sich – und welche Risiken? Sven Körner ist Experte für die betriebliche Altersversorgung bei der AVW Unternehmensgruppe. Er hat die wesentlichen Inhalte des Gesetzes und den aktuellen Stand des Verfahrens für uns zusammengefasst.

Das Bundeskabinett hat am 21. Dezember 2016 das Betriebsrentenstärkungsgesetz auf den parlamentarischen Weg gebracht. Das BRSG soll die Hürden für die betriebliche Altersversorgung senken und so neue Anreize schaffen, mehr Beschäftigte in die Vorsorge einzubeziehen. Ziel des Gesetzes ist es, die betriebliche Altersversorgung künftig bei kleinen und mittelgroßen Unternehmen sowie unter Geringverdienern stärker zu verbreiten. Auch die private Eigenvorsorge soll forciert werden. Dafür wird ein Freibetrag auf die Grundsicherung eingeräumt. Konkret sind die im Folgenden dargestellten Regelungen geplant.

Das Sozialpartnermodell: Reine Beitragszusage

Der Kern des Sozialpartnermodells (die sogenannte „Nahles-Rente“) ist die Einführung einer reinen Beitragszusage. Der Arbeitgeber ist lediglich verpflichtet, den vereinbarten Beitrag an die Versorgungseinrichtung zu bezahlen – mehr nicht. In der Konsequenz bedeutet dies, dass es keinerlei Garantie hinsichtlich der Höhe einer späteren Leistung geben wird. Um mit hoher Sicherheit ein vorher bestimmtes Versorgungsniveau zu erreichen, könnte ein entsprechender Tarifvertrag einen zusätzlichen Sicherungsbeitrag vorsehen, der gegebenenfalls dann allein vom Arbeitgeber zu tragen wäre.

Bislang war der Arbeitgeberzuschuss von 15 Prozent nur im Sozialpartnermodell verpflichtend vorgesehen. Neu und in letzter Minute beschlossen, gilt nun zusätzlich: Der Arbeitgeber muss 15 Prozent des umgewandelten Entgelts zusätzlich als Arbeitgeberzuschuss an den Pensionsfonds, die Pensionskasse oder die Direktversicherung weiterleiten, soweit er durch die Entgeltumwandlung Sozialversicherungsbeiträge einspart. Bisher beruhte diese Weitergabe auf Freiwilligkeit, jetzt wird sie verpflichtend auch für bAV-Verträge außerhalb des neuen Modells der reinen Beitragszusage. Mit zwei Ausnahmen:

  • Erfolgt die Entgeltumwandlung im Rahmen von Direkt- und Unterstützungskassenzusagen, besteht weiterhin keine Zuschussverpflichtung.

  • Existiert jetzt oder künftig ein Tarifvertrag, der die Entgeltumwandlung außerhalb der reinen Beitragszusage vorsieht, aber explizit weitere Zuschüsse ausnimmt oder auf weniger oder mehr als 15 Prozent festlegt, sind Abweichungen erlaubt. Hier liegt es in der Freiheit der Tarifvertragsparteien festzulegen, ob sie die 15 Prozent weitergeben wollen oder nicht.

Die Verpflichtung gilt ab dem 1. Januar 2019 für neu abgeschlossene Entgeltumwandlungsvereinbarungen und ab 1. Januar 2022 auch für heute schon laufende Entgeltumwandlungen.

Als Leistung aus dem Sozialpartnermodell darf ausschließlich eine Rente gewährt werden. Eine Kapitalzahlung wie in den aktuell bekannten Modellen der betrieblichen Altersversorgung ist hier nicht möglich.

Geringverdiener-Förderung: Unterstützung vom Staat

Arbeitgeber werden vom Staat unterstützt, wenn sie Geringverdienern ab 2018 einen Zuschuss zur betrieblichen Altersversorgung zahlen. Berücksichtigt werden Arbeitgeberzuschüsse von mindestens 240 Euro bis höchstens 480 Euro pro Kalenderjahr. Nach dem aktuellen Stand erhält der Arbeitgeber 30 Prozent des  Arbeitgeberbeitrages über eine Lohnsteuer-Verrechnung zurück. Alle Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen mit einem Monatsbruttogehalt von maximal 2.200 Euro sollen in die Förderung fallen.

Opting-out: Automatische Anmeldung zur bAV

In den meisten Fällen sind Versorgungssysteme in Unternehmen so gestaltet, dass sich die Beschäftigten aktiv für die betriebliche Altersversorgung entscheiden müssen. Sprich: Wer nicht selbst handelt, baut keine Betriebsrente auf. Opting-out kehrt dieses System um: Es werden alle Beschäftigten zu einem definierten Zeitpunkt (zum Beispiel nach Ende der Probezeit) automatisch angemeldet. Nur wer dieser Anmeldung widerspricht, nimmt nicht an der Entgeltumwandlung teil.

Das neue Gesetz soll die Möglichkeit eröffnen, solche Opting-out-Systeme auf tarifvertraglicher Basis einzuführen. Dies ist insbesondere im Zusammenhang mit dem Sozialpartnermodell relevant. Opting-out muss nicht zwingend im Tarifvertrag geregelt werden. Dieser kann auch eine Öffnungsklausel enthalten, die die Ausgestaltung des Opting-out einer Betriebsvereinbarung überlässt. Nichttarifgebundene Arbeitgeber können das für sie einschlägige tarifvertragliche Optionssystem anwenden oder aufgrund einer Öffnungsklausel eine eigene Betriebsvereinbarung abschließen.

Erhöhung des Förderrahmens

Bisher ist es möglich, bis zu 4 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze der allgemeinen Rentenversicherung (BBG) steuer- und sozialversicherungsfrei in die Betriebsrente einzuzahlen. Für das Jahr 2017 ist dies ein Betrag in Höhe von 3.048 Euro. Zusätzlich können bis zu 1.800 Euro pro Jahr steuerfrei in die Betriebsrente eingezahlt werden. Voraussetzung ist allerdings, dass die Pauschalversteuerung nach § 40b EStG a.F. nicht genutzt wird.

Ab dem 01. Januar 2018 soll der Förderrahmen auf insgesamt 8% der BBG ausgeweitet werden. Die ersten 4 Prozent der BBG bleiben weiterhin steuer- und sozialversicherungsfrei. Die zweiten 4 Prozent sind lediglich steuerfrei. Beiträge, die nach § 40b EStG a.F. versteuert werden, werden auf den steuerfreien Rahmen angerechnet. Es gibt künftig also ein Nebeneinander der steuerlichen Förderungen.

Zugang nichttarifgebundene Arbeitgeber

Die mit der Beitragszusage neu entstehenden Versorgungseinrichtungen „sollen“ nichttarifgebundenen Arbeitgebern den Zugang nicht verwehren oder sachlich unbegründete Vorgaben machen. Damit können auch nichttarifgebundene Arbeitgeber durch Bezugnahme auf den für sie einschlägigen Tarifvertrag die Beitragszusage nutzen. Da es sich um eine Soll-Vorschrift handelt, hat ein Ausschluss von nichttarifgebundenen Arbeitgebern für die Tarifvertragsparteien allerdings keine negativen Auswirkungen.

Wie sieht der Zeitplan zur Gesetzeseinführung aus?

Der Bundesrat hat das Konzept trotz der eindeutigen Kritik seiner Ausschüsse im Wesentlichen durchgewinkt: Das Betriebsrentenstärkungsgesetz soll zum 01. Januar 2018 in Kraft treten.

Im März erfolgten die erste Lesung im Bundestag und die öffentliche Anhörung, am 01.06.2017 die abschließenden zweiten und dritten Lesungen im Bundestag. Die letzte korrespondierende Bundesratssitzung findet am 7. Juli statt.

 

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